Während wir uns aktuell im Webkonferenz-Zeitalter befinden, arbeiten die großen Technologiekonzerne bereits an der der nächsten Generation der modernen Kommunikation und Zusammenarbeit. Das Metaversum, Holoportation und künstliche Intelligenz sollen uns Menschen in eine gemischte Realität katapultieren. Sie wird uns uns dort bestmöglich verbinden, eine gefühlte Anwesenheit ermöglichen und unsere menschlichen Fähigkeiten virtuell erweitern.
Im Zuge des HR Inside Summit werden wir dazu viel hören vom österreichischen Digitalexperten und Keynote Speaker Nahed Hatahet von HATAHET productivity solutions. Danke für das Interview, dass wir schon vorab einen Einblick bekommen!
HRweb: Beim HRIS werden wir von Ihnen hören, dass das Metaversum unsere Arbeitswelt nachhaltig verändern wird. Was werden Sie uns in Ihrer Keynote konkret vermitteln?
Nahed Hatahet: In meiner Keynote werde ich einleitend aufklären, was man unter einer gemischten Realität versteht, wie diese Metaversum-Technologien funktionieren, was man unter einer Holoportation versteht, welche konkreten Business-Szenarien sich damit umsetzen lassen und was das für unsere Arbeitswelt in der Zukunft bedeuten wird. Weiters werde ich über die Vision und Zukunft sprechen, also wie uns diese Technologien kombiniert mit künstlicher Intelligenz ungeahnte Fähigkeiten verleihen werden und was das mit Biotechnologie zu tun hat. Der Faktor Mensch ist mir immer schon ein besonderes Anliegen gewesen, heute mehr denn je. Daher werde ich zu guter Letzt auch darüber sprechen, was diese Technologien mit uns und unseren Kindern machen und das ist nicht immer positiv.
Ich bin jedoch zutiefst davon überzeugt, dass gerade in Bezug auf moderne Kommunikation und Zusammenarbeit, sowie Inklusion am Arbeitsplatz der Zukunft, das Metaversum einen wichtigen positiven Beitrag für eine bessere und kreativere Arbeitswelt bringen wird. Es geht darum den Menschen bestmöglich zu unterstützen und zu inkludieren.
"Das Ziel eines Metaversums oder gemischten Realität ist es, eine gefühlte Anwesenheit zu erreichen."
(Zitat: Nahed Hatahet, Transformationsexperte)
HRweb: Weshalb beschäftigen Sie sich mit dem Thema Metaversum und gemischte Realität? Wie kam es eigentlich dazu?
Nahed Hatahet: Ich selbst habe mit 8 Jahren einen Computer bekommen. Damals noch am Fernseher angeschlossen, mit einer Gummitastatur und einem Kassettenlaufwerk als Datenspeicher. Seitdem fasziniert mich die Welt der Computer und ich konnte mir mit meiner kindlichen und spielerischen Kreativität alles mit Büchern beibringen, was ich wissen wollte. In den 1980er Jahren habe ich dann von einem Jaron Lanier aus dem Silicon Valley und dessen Firma gehört, die solche Cyberbrillen hatten und damit virtuelle Welten betreten konnten – dem Cyberspace, wie man das damals nannte. Jaron Lanier war US-amerikanischer Informatiker und vor allem aber auch Künstler, Musiker, Komponist, Autor und Unternehmer. Er wurde zu meinem großen Vorbild, denn er schaute auch so überhaupt nicht aus, wie ein klassischer Unternehmer damals (in unseren Breiten).
Das Schaffen von virtuellen Welten hat mich also damals schon sehr fasziniert und ich liebe es heute immer noch. Die nächste Generation der Webkonferenzen im Unternehmenseinsatz sind Metakonferenzen, die vollständig in einer gemischten Realität abgewickelt werden. Als Berater für den digitalen Arbeitsplatz der Zukunft und dessen kollaborativer Arbeitskultur darf also das Metaversum somit auf keinen Fall fehlen. Es ist ein großes Glück, dass diese Technologien, die mich eben als Kind schon so in den Bann gezogen haben, mich heute beruflich wieder begleiten. In Form der nächsten Generation von digitaler Kommunikation und Zusammenarbeit, so genannte Immersive Meetings und Konferenzen. Daher beschäftige ich mich mit dem Thema Metaversum so gerne.
Bild © Wolfgang Franz
HRweb: Sie sprechen auch über Avatare und Holoportation. Was versteht man darunter und was hat das mit dem Metaversum zu tun?
Nahed Hatahet: Das Metaversum verbindet prinzipiell Menschen mit einer gemischten Realität. Die reale Welt wird um virtuelle Komponenten erweitert, mit denen man interagieren kann. Andere Teilnehmende werden in Form einer künstlichen Person oder als grafische Stellvertretung einer echten Person repräsentiert – man spricht von einem Avatar. Das Ziel eines Metaversum oder gemischten Realität ist eine gefühlte Anwesenheit zu erreichen, indem man einen Avatar nutzt und diesen am besten mit natürlichen Bewegungen und Gesten steuern kann.
In einer gemischten Realität muss man nicht unbedingt als eine Person dargestellt werden, man kann auch als Hund, Katze, Pferd oder auch als beliebiges Fantasiewesen eintreten. Wenn aber mein Avatar genauso aussieht wie ich in der realen Welt, also meinem Ebenbild entspricht, dann spricht man von einer Holoportation.
Im Metaversum kann ich in Zukunft zum Beispiel in meinem Homeoffice andere Personen in der gemischten Realität empfangen, die mittels Holoportation einfach dazu geschalten werden. Wir können uns in so einer Metakonferenz dann dreidimensional sehen, austauschen und virtuelle Gegenstände nutzen, um mit diesen zu interagieren. So können wir über unsere Avatare oder mittels Holoportation beispielsweise ein virtuelles Flipchart aktivieren, um gemeinsam daran zu arbeiten.
"Wir müssen die nächsten Generationen vorbereiten und dahingehend schützen. Das ist die einzig sinnvolle Lösung, denn diese Technologien werden sich nicht aufhalten lassen."
(Zitat: Nahed Hatahet, Transformationsexperte)
HRweb: Mittlerweile bieten ja viele Technologiekonzerne entsprechende Hardware dafür an. Wo stehen wir heute mit dem Metaversum und dessen Technologien im Businessumfeld?
Nahed Hatahet: Es gibt zahlreiche sehr gute Beispiele in der u.a. Industrie oder Fertigung, wo Metaversum-Technologie und damit gemischte Realität verwendet wird. Auch in der Gaming-Szene werden die Möglichkeiten verwendet und erfreuen sich großer Beliebtheit bei den Nutzenden. Viele große Technologiekonzerne setzen auf diese Technologien. Nicht zuletzt hat auch Apple eine VR-Brille angekündigt, die durch viele neue Möglichkeiten und Funktionen bestechen soll. Gegenüber Microsoft und andere, die schon seit geraumer Zeit mit ihren Brillen am Markt tätig sind.
Für mich persönlich sind die heutigen Anwendungen in vielen Bereichen noch sehr weit weg von einer prophezeiten „gefühlten Anwesenheit“. Die Grafiken und Umsetzungen im Meeting-Umfeld zum Beispiel fühlen sich einfach eigentümlich an und die klobige Hardware ist nicht unbedingt konzipiert für längere Sitzungen. Die meisten Unternehmen setzen solche Technologien heute nicht ein, oder eben nur in spezialisierten Bereichen. Das wird sich aber ändern.
Die nächste Generation dieser Technologien werden uns alle ins Zeitalter der Metameetings und Metakonferenzen bringen. Jede Meeting- und Konferenzsoftware am Arbeitsplatz der Zukunft wird einfach eine Metakonferenz per Knopfdruck für jeden von uns bereitstellen. So wie das heute mit einer Videokonferenz möglich ist. Außerdem wird auch die Hardware leichter, kompakter und neue interaktive Möglichkeiten bieten. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich jedes Unternehmen mittelfristig auch damit beschäftigen wird müssen. Das Metaversum bietet so viele neue Möglichkeiten, nicht nur am Arbeitsplatz der Zukunft. Es wird auch gerne als das nächste Internet bezeichnet. Wir dürfen gespannt sein, ob sich das Bewahrheiten wird.
HRweb: Sie setzen sich seit vielen Jahren bereits stark dafür ein, dass der Mensch im Mittelpunkt der Digitalisierung stehen muss. Warum ist Ihnen in diesem Zusammenhang Inklusion wichtig?
Nahed Hatahet: Genau. Wer mich kennt, weiß auch, dass es mir immer schon um den Menschen gegangen ist und dass ich mich dafür einsetze, dass Technologien immer im Sinne einer besseren Welt für die Menschheit eingesetzt werden. Ich selbst bin auf Grund einer Krebserkrankung als Jugendlicher gehbehindert. Insofern beschäftige ich mich gerne mit den Themen digitale Inklusion und digitale Barrierefreiheit sowie Accessibility am Arbeitsplatz der Zukunft.
Mich interessiert dabei vor allem, wie eine gemischte Realität dabei helfen kann, Menschen mit einer Beeinträchtigung bestmöglich digital zu integrieren. Diese Technologien werden uns z.B. alle befähigen im Metaversum mit Gebärdensprache zu kommunizieren. Obwohl es die meisten von uns in der Realität nicht können. Menschen mit einer Einschränkung der visuellen Wahrnehmungsfähigkeit können im Metaversum hören, was Teilnehmende zum Beispiel auf dem virtuellen Flip Chart schreiben. Eine künstliche Intelligenz berichtet über die Tonspur einfach, was gerade passiert. Ich selbst werde im Metaversum nicht mehr gehbehindert sein, um noch ein weiteres Beispiel zu nennen. Außerdem werde ich alle Sprachen dieser Welt sprechen können. Und eine künstliche Intelligenz wird das sogar in meiner Stimmfarbe in Echtzeit simulieren. Für alle die nicht hören können, wird automatisiert ein Untertitel erstellt und angezeigt.
Es gibt so viele wunderbare Möglichkeiten, mit diesen neuen Entwicklungen Menschen miteinander zu verbinden und zu inkludieren, einer der wichtigsten Aufgaben moderner Unternehmen.
HRweb: Sie sind aber auch durchaus kritisch, wenn es um moderne Technologien und Digitalisierung geht. Welche Kritikpunkte sehen Sie beim Metaversum und in einer gemischten Realität?
Nahed Hatahet: Achtsamkeit ist für mich ein wichtiger Begleiter in meinem Leben geworden, so auch im Businesskontext und in meiner Beratung. In Bezug auf das Metaversum und gemischte Realität finde ich, dass wir besonders achtsam sein müssen. Es ist erschreckend, dass 20 % bis 30 % unserer Kinder nachweislich bereits an Angststörungen und Depressionen leiden – verursacht durch ein falsches Nutzungsverhalten digitaler Technologien und Medien. Es ist offensichtlich, dass viele Menschen wortwörtlich digital abhängig und süchtig geworden sind. Digitale Ethik und Achtsamkeit bedeuten auch, dass wir unbedingt alles daransetzen müssen, dass Technologie eine gute Ergänzung unserer realen Welt und Natur sein soll und kein Ersatz dafür. Das Metaversum darf auf keinen Fall die nächste digitale Droge für Menschen – insbesondere unserer Kinder und Jugendlichen – werden. Schon gar nicht dürfen uns diese Technologien krank und abhängig machen.
Wir müssen die nächsten Generationen vorbereiten und dahingehend schützen. Daher ist es unumgänglich, dass wir unbedingt in unser Bildungssystem investieren und den richtigen Umgang mit digitalen Medien wie dem Metaversum lernen. Das ist die einzig sinnvolle Lösung, denn diese Technologien werden sich nicht aufhalten lassen. Im Endeffekt geht es um uns Menschen.
Quelle: Publiziert im HRweb | Online am 22.09.2023 | von Eva Selan
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